Die Akte "Turbostudium": Strafzettel für das schnelle Studium?

Wer kennt es nicht? Man hat es besonders eilig, gibt ein wenig mehr Gas als auf den Verkehrsschildern vorgesehen und prompt kann schon wenige Wochen später ein Bußgeldbescheid ins Haus flattern, der die rasante Fahrt mit einer Geldstrafe ahndet. Umso höher die Diskrepanz zwischen zugelassener Höchstgeschwindigkeit und tatsächlicher Fahrgeschwindigkeit ist, desto empfindlicher fällt die Geldbuße aus, mit der Begründung, dass sich die Höhe der Strafe am Ausmaß des Vergehens zu richten hat.

 

Ärgerlich nur, wenn sie "am Tatort" keine Geschwindigkeitsbeschränkung erkennen konnten. Nun stellen Sie sich die gleiche Situation -statt auf deutschen Autobahnen- in den Reihen deutscher Universitätshörsäle vor.

Zwar steht die Universitätsleitung nicht mit Radarfallen im Hörsaal und auch ein unmittelbarer Vergleich zum Straßenverkehr scheint ein klein wenig abwegig zu sein - dennoch gleicht das in der Geschwindigkeit rekordverdächtige Studium der bekanntesten drei Turbostudenten Deutschlands, an eine Fahrt in einem Sportwagen, auf der Überholspur. Eine sehr teure Fahrt werden sie sich im Nachhinein gedacht haben.

 

Denn einer dieser Turbostudenten musste erst kürzlich in einem Klageverfahren vor dem Landgericht Arnsberg als Beklagter auftreten, mit nicht erfreulichem Ausgang für den Raser. Doch „gab es denn eine Höchstgeschwindigkeitsregelung, vielleicht ein Überholverbot?“ werden sich einige gefragt haben, die das Urteil zu lesen bekamen.

 

Stellen Sie sich vor, dass Sie "zu schnell" studiert und weit (weit, weit) vor der Regelstudienzeit das Studium abgeschlossen haben.

 

Normalerweise würden Sie eine gesonderte Anerkennung dieser vorbildlichen Leistung erwarten wollen, und dürfen.

 

Immerhin könnten Sie meinen, Ihrer Universität nicht nur erhebliche Kosten zu ersparen, in dem Sie insgesamt kürzer betreut werden müssen, als der Durchschnittsstudent. Sie beweisen doch schließlich, dass mit dem notwendigen Ehrgeiz und einer eisernen Disziplin, alles machbar ist, was nicht machbar erscheint: selbst ein Bachelor- und Masterstudium in nur vier Semestern, statt in elf.

 

Hut ab vor dieser Leistung(!), müsste man meinen.

 

Das Landgericht Arnsberg (Az: I-3S104/12) sah das jedoch anders. Mit Urteil vom 04.12.2012 entschieden die Arnsberger Richter, dass Studenten, die an einer privaten Hochschule eingeschrieben sind und schneller als vorgesehen einen Abschluss erreichen, dennoch die vollen Gebühren für die Regelstudienzeit zu zahlen haben.

 

Im streitgegenständigen Fall hatte der an einer privaten Hochschule (Klägerin) eingeschriebene Student (Beklagte) statt mehr als fünf Jahre, nur zwei Jahre für den Abschluss seines Bachelor- und Master-Studiums benötigt. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Studiengänge stellte der Beklagte die Ratenzahlungen ein. Insgesamt hätte er 21.000 Euro zahlen müssen.

 

Die Klägerin verlangte Zahlung des Restbetrages mit der Begründung, dass die Höhe der Studiengebühren -unabhängig von der Geschwindigkeit des Studiums- im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses feststeht. Ein vorzeitiges Ende des Studiums könne hieran nichts ändern. Schließlich habe der Beklagte alle Leistungen der Klägerin in Anspruch genommen und müsse aus diesem Grund die vereinbarten Beträge vollumfänglich zahlen.

 

Dieser Ansicht folgte auch das Gericht: Die Klägerin habe ihre Leistungspflichten und damit den Vertrag wie vereinbart erfüllt. Auch gebe es kein Kündigungsrecht im Rahmen eines schnellen Abschlusses. Anders sei die Rechtslage nur, wenn der Student das Studium abbreche.

Mal abgesehen davon, ob dem Beklagten ein Kündigungsrecht zustand oder nicht, müsste man sich die Frage stellen, ob und inwieweit der Klägerin durch die wirklich extrem kurze Betreuungszeit des Beklagten sowie durch die extrem kurze Belastung der gesamten "Uni-Infrastruktur" (wie beispielsweise Bibliotheken, (Online-)Datenbanken oder Räumlichkeiten), die gleichen Verwaltungsaufwendungen bzw. Kosten entstanden sind, als wenn der Beklagte elf Semester oder länger studiert hätte.

 

Das Besondere an dem vorliegenden Sachverhalt ist nämlich, dass der Beklagte nicht ein oder zwei Semester weniger gebraucht hat, als eigentlich vorgesehen, sondern insgesamt dreieinhalb Jahre(!) vor dem regulären Ende seiner Studienzeit die Universität verlassen durfte.

 

Am Urteil wird nichts mehr zu ändern sein; das Gericht hat die Revision nicht zugelassen.

 

Dem Musterstudenten blieb folglich nichts anderes übrig, als die rasante Fahrt durch das Studium in vollem Umfang zu bezahlen.  

 

 

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